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AutorenbildBill Staub

Aus dem Hamsterrad ausbrechen

Es fühlt sich an, als wären wir in einem Hamsterrad gefangen. Ständig streben wir nach dem, was wir noch erreichen könnten, und unser Fokus liegt auf den Superlativen: Wir haben bereits viel, wollen aber noch mehr oder sogar das Meiste. Größer, besser, am besten. Doch glücklich macht uns das nicht. Ein altes Kinderlied besagt: „Froh zu sein bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König.“ Bei meinen humanitären Einsätzen unter den Ärmsten habe ich immer wieder erlebt, wie zufrieden diese Menschen sind, obwohl sie fast nichts besitzen. Sie sind dankbar für das, was sie haben, und bereit, dieses Wenige mit Gästen zu teilen. Diese Zufriedenheit hat mich tief bewegt, während wir im wohlhabenden Westen ständig danach streben, noch mehr zu erreichen oder zu besitzen.





Wie schnell lassen wir uns von der Vorstellung treiben, dass wir nur glücklich sein können, wenn wir immer mehr haben, erreichen und verdienen. Manche gehen dafür sogar über Leichen. Besonders drastisch habe ich dieses Phänomen während meiner Zeit als externer Berater bei einer großen Schweizer Bank erlebt. Dort traf ich Banker, die ausschließlich ihren eigenen Reichtum und ihre Karriere im Blick hatten. Selbst in den Kaffeepausen drehte sich alles darum, wer wie viel verdient, welches Auto man fährt oder welche Position man anstrebt. Der Fokus lag stets auf den Bankern selbst, und die Menschen um sie herum wurden ausgeblendet.


Wieder stellt sich die Frage, was unser eigentliches Ziel ist. Wohin wollen wir? Was treibt uns an? Machen Reichtum und Karriere wirklich glücklich? Werden wir jemals genug haben? Es gibt Dinge, die uns niemals satt machen werden. Im Kapitel über „Identität und Werte“ haben wir festgestellt, dass wir uns leider viel zu oft mit Dingen identifizieren, die uns nicht langfristig glücklich und zufrieden machen und uns in Abhängigkeiten führen.

Wenn unser Glück und unsere Zufriedenheit davon abhängen, dass wir immer das neueste Auto, die beste Kleidung, das modernste iPhone, den angesehensten Job oder das höchste Gehalt haben, dann sind wir ständig unter Druck. Wir werden nie ankommen. Wir müssen immer mehr leisten, um glücklich zu werden und es zu bleiben; es wird nie genug sein. Das ist der Inbegriff des Hamsterrads.


Vor einigen Jahren nahm sich ein äußerst erfolgreicher Manager in den USA das Leben. Auf seinem Kopfkissen fand man einen Zettel, auf dem unter anderem stand: „Ich hatte zu viel Geld und zu wenig Probleme, die ich hätte lösen müssen. Ich ging von Haus zu Haus und von Frau zu Frau, und ich verlasse jetzt diese Erde, weil ich es so unendlich satt habe, meine 24 Stunden mit Sinn zu füllen.“

Diese traurige Anekdote zeigt eindrücklich, dass weder Geld noch Ansehen noch Partnerschaft die innere Leere füllen können. Muss es da nicht etwas Größeres geben? Etwas, das langfristig „satt“ und zufrieden macht? Viele Menschen sind regelrecht im Hamsterrad gefangen. Sie glauben immer, dass sie es bald geschafft haben und am Ziel sind, aber das Hamsterrad kennt kein Ziel und kein Erbarmen.


Ich habe mir vorgenommen, regelmässig aus diesem Hamsterrad auszubrechen und mich daran zu erinnern, dass ich nicht für Geld und Karriere lebe, sondern um auf dieser Welt einen Unterschied zu machen. Die wenigsten Menschen schauen am Sterbebett au ihr Leben zurück und sagen zufrieden: Ich hab's zu was gebracht, viel gearbeitet und viel verdient. Jetzt kann ich in Ruhe sterben. Im Gegenteil: Durch meinen Vater (er ist Theolog und Pfarrer) habe ich jeweils mitbekommen, was die Menschen am Sterbebett bewegt: Sie möchten Beziehungen klären, andere um Vergebung bitten, andere Menschen befähigen und ihren Glauben zu Gott vertiefen.

Was möchten Sie, dass auf ihrem Grabstein stehen wird?

 

 

 

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